Arten des Leistungseinbruchs beim Marathon

Meinen ersten Marathon lief ich im Oktober 2023 ohne spezifisches Marathon-Training. Ich konnte diesen erfolgreich wegen meiner Grundfitness die ich im Bergsport aufgebaut habe meistern. Dennoch lief nicht alles perfekt. In diesem Artikel analysiere ich nun zwei unterschiedliche Arten von Leistungseinbruch, die ich erfahren habe:

  • “Überpacet”, d.h. zu schnell gestartet und mit schwindenden Kräften graduell langsamer geworden

  • “Mann mit dem Hammer”, d.h. plötzlicher Leistungseinbruch auf Grund fehlender Kohlenhydrate

  • Statistische Auswertung anderer Läufer, und damit eine Analyse wie man seine Kräfte richtig einteilt

10 Minuten vor Start, Block A mit Profiläufern

Vorraussetzungen und Rennverlauf

Da ich mich nur wenige Tagen vor dem Event angemeldet habe, hatte ich keine Zeit für ein spezielles Training oder übliche Marathonvorbereitung. In den Monaten zuvor bin ich auch nicht viel gelaufen, und dies sollte mein erster Marathon sein. Daher war es schwierig, eine realistische Zielzeit zu schätzen. Bei der Anmeldung hatte ich 'unter 4 Stunden' angegeben.

Kurzzusammenfassung meines abwechslungsreichen Rennverlaufs:

  • Die ersten Kilometer liefen außerordentlich gut, besonders in der ersten Hälfte. Ich überholte ständig andere Läufer. Ich startete in Block D mit den weniger ambitionierten Teilnehmern, d.h. durch meine Grundfitness war das vielleicht sogar vorhersehbar. Zusätzlich war mir bewusst, dass der Anfang oft reibungslos verläuft, angetrieben von der allgemeinen Rennatmosphäre, dem Adrenalinschub und der motivierten Menge. Dieses Phänomen kannte ich bereits von kürzeren Läufen. Das Tempo lag konstant hoch, nämlich unter 5:30 Minuten pro Kilometer (= 11,0 km/h), teilweise sogar bei 5:00 Minuten pro Kilometer (= 12,0 km/h).

  • Das Tempo konnte ich bis etwa Kilometer 30 (also weit über die Halbmarathonmarek hinweg) hoch halten. Aber wenn man die genauen Kilomterzeiten anschaut, sieht man schon einen Tendenz, dass ich langsamer wurde. Bis da hatte ich ein durchgängiges Tempo von (deutlich) unter 6:00min/km, dann für einige Kilometer um die 6:00min/km.

  • Bis Kilomter 35 konnte ich noch ein etwas gemindertes aber immer noch hoch und vorallem konsistentes Tempo aufbringen. Dann war’s aber vorbei und ich musste gar ein Stück gehen. Dabei habe ich aber

    • ab Kilometer 25, vielleicht auch eher Kilometer 30, sehr viele Leute überholt, die bereits früher als ich gegangen oder gar gestanden waren.
      In diesem Bereich ist eine Hürde die viele Leute ausknockt. Vielleicht deren persönlicher “Mann mit dem Hammer”.

    • Sogar zwei Pacemaker für die 4 Stunden-Grenze sind gegangen, bzw. haben abgebrochen. Dass finde ich bemerkenswert, sollten Peace-Maker doch professionelle Athleten sein, die als erfahrene Läufer angeheuert werden um andere Leute zu pushen.

  • Bis Kilometer 37 ging es sehr zögerlich, eine Mischung aus gehen und kurzem, sehr langsamen, joggen. Ab jetzt wurde ich überholt.

  • Das Kilomterschild 37 gab aber einen enormen mentalen Schub! Nur noch 5 Kilometer. Das is nichts! Da wusste ich dass ich es schaffen kann, und bin ab dann wieder durchgängig gejoggt, wenn auch mit einem Tempo von 7:00min/km-8:00min/km .

Statistische Auswertung der Leistungseinbrüche

Abbildung 1: Prognostizierte Zielzeit (Ordiante) an einem Kilomter X (Abszisse), wenn ich das Tempo welches ich im letzten Kilometer hatte exakt so weiter gelaufen wäre. Mit (1) und (2) jeweils markante Leistungseinbrüche hervorgehoben.

Abbildung 1 veranschaulicht eine Schätzung meiner Zielzeit, prognostiziert aus der Summe

  • der bereits zurückgelegten Zeit bis zu einem bestimmten Kilometer und

  • der Zeit, die ich für die verbleibende Strecke benötigt hätte, wenn ich ab diesem Zeitpunkt ein konstantes Tempo beibehalten hätte.

Die Rohdaten meiner Laufuhr sind in blau dargestellt, während die orangefarbene Kurve eine geglättete Darstellung dieser Werte zeigt.

Die erste Halbmarathonhälfte, also bis Kilomter 21, war ich auf einer Zielzeit vont (teilweise unter) 3h40min. Das ist für jeden Hobbyläufer schon eine sehr gute Zeit, für jemand der untrainiert an den Marathon geht ist das außerordentlich gut. Deutlich wird ein erster, langsam abfallender Leistungseinbruch ab Kilometer 5 bis Kilomter 35. Bei Kilometer 35 erfolgte dann ein deutlicher Abfall, der zweite Leistungseinbruch. Ich überschritt sprunghaft die (bei der Anmeldung angegebene) Grenze von 4 Stunden. Dennoch gelang es mir, das Tempo ab Kilometer 37 mit Hilfe eines mentalen Schubs zu stabilisieren und das Ziel mit einer Zeit von 4 Stunden und 6 Minuten zu erreichen.

  • Leistungsbafall 1, gelblich hervorgehoben: Das graduelle langsammer werden bis Kilomter 35 ist wahrscheinlich normales “over-pacen” gewesen. Zu schnell gestartet, nach und nach schwindet die Kraft, man muss sein Renntempo ganz unweigerlich nach untenhin anpassen.

  • Leistungsabfall 2, rötlich hervorgehoben: Der schlagartige Einbruch nach Kilometer 35 ist wohl “Der Mann mit dem Hammer”. Ich hatte keine Kohlenhydrate mehr. Das ist der Punkt den ich (glaube ich) am schnellsten, und dankenswerter weise auch relativ einfach, verbessern kann: Mehr Kohlenhydrate im Lauf zu mir nehmen. Einige Kilomter zuvor habe ich aber zahlreiche andere Läufer überholt die standen oder ganz langsam gingen. Meine Interpretation ist, dass diese Leute auch vom “Mann mit dem Hammer” besucht wurden, aber schon etwas früher als ich. Vielleicht haben sie gar keine (oder zumindest noch weniger) Kohlenhydrate zu sich genommen als ich.

Auswertung: Wie läuft man eine 4 Stunden Zielzeit (statistisch) korrekt?

Abbildung 2: Durchgangszeiten relativ zum Durchschnitt von 10 Läufern, welche alle knapp über 4Stunden liefen.

Abbildung 2 zeigt die Werte von 10 Läufern (alle männlich, Alter zw. 30 und 40 Jahren), welche ebenfalls (knapp über) 4 Stunden für den Marathon benötigten. Die Zeiten sind von der Website des München Marathons genommen, welche etwa alle 5 Kilomter eine Messung vornimmt. Die Zeiten sind relativ zu unserer Durchschnittszeit an der Kilomtermarke angegeben, d.h. eine Kurve zeigt wie viel schneller oder langsamer in Minuten der Läufer im internen Vergleich durchlief. Meine Zeit ist dabei orange hervorgehoben, alle anderen Läufer haben einen blauton.

Meine Zeit ist konstant unter dem Durchschnitt, bis zu 10 Minuten bin ich schneller als der Durchschnitt. Und das noch bis Kilomter 35. Dann kommt mein großer Einbruch, bei Kilomter 40 bin ich noch ein bisschen schneller, im Ziel dann im Durchschnitt (so sind ja die Daten gewählt, dass alle im Ziel in etwa die gleiche Zeit haben sollen).

Ein weiterer Läufer ist ebenfalls bis Kilomter 15 deutlich schneller als der Schnitt, nimmt dann (bewusst oder unbewusst) Tempo rauß.

Die Kurvenschaar der Läufer ist Anfangs zum großteil über der Durchschnittszeit. Wahrscheinlich, weil ich und der andere Schnellstartert den Mittelwert so verzerren. Man sieht aber dass die Kurven viel näher beinander liegen. D.h. “Leute mit Plan” laufen ein konstanteres Tempo. Von den 10 Leuten, davon einer ich, und ein anderer Ausreißer sind alle in einem 7,5 Minuten Korridor. Es ist sicher vorteilhaft so konstant zu laufen, und so ist es sicher üblich einen Marathon zu absolvieren.

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Mann mit dem Hammer durch zu wenig Kohlenhydrate

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Marathon ohne (Marathon-)Training aber mit Bergsporttraining